IUF logo; clicking here returns you to the home page.
IUL
Vereinigt Lebensmittel-, Landwirtschafts- und HotelarbeitnehmerInnen weltweit



China und die globale Lobby der Ausbeuterbetriebe

An die IUL Web-Site geschickt am 19-Dec-2006

Diesen Artikel an eine/n Bekannte/n weiterleiten.

Im Fr�hjahr 2006 legte die Regierung Chinas den Entwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes vor und forderte die �ffentlichkeit auf, hierzu innerhalb von 30 Tagen Stellung zu nehmen. Die Handelskammern der USA und der Europ�ischen Union sowie der US-chinesische Wirtschaftsrat, die nahezu jeden wichtigen Investor aus den USA und der EU in China vertreten - reagierten jeweils mit einem umfangreichen Katalog von Einw�nden. Die Frist von 30 Tagen ist seit langem verstrichen, das aber hat die Wirtschaftsverb�nde und ihre einzelnen Mitglieder nicht davon abgehalten, sich aggressiv daf�r einzusetzen, das vorgeschlagene Gesetz zu torpedieren. In einigen F�llen wurde dieser Einsatz von Androhungen begleitet, sich aus China zur�ckzuziehen, falls der Entwurf Gesetz werden sollten. Wie die Amerikanische Handelskammer in Schanghai in ihrem �ffentlichen Kommentar zu dem Gesetz schrieb, w�rde das Gesetz "sich negativ auf die Wettbewerbsf�higkeit und die Attraktivit�t der Volksrepublik als Ziel f�r Auslandsinvestitionen auswirken". Einzelne Unternehmen sollen noch offener und direkter gewesen sein.

Arbeitnehmer in aller Welt sind seit langem mit Unternehmen vertraut, die mit der Auslagerung oder v�lligen Schlie�ung und einem Neubeginn in China drohen. Was veranlasst genau diese Unternehmen, jetzt mit einer Aufl�sung ihrer Investitionen in China zu drohen? Global Labor Strategies (www.laborstrategies.org), die Organisation, die als erste �ber die Offensive der Unternehmen berichtet hat, stellt zu Recht fest, dass das vorgeschlagene Gesetz "chinesischen Arbeitnehmern nicht das Recht auf unabh�ngige Gewerkschaften mit F�hrern ihrer Wahl und dem Recht auf Streik einr�umen wird. Aber die ausl�ndischen Unternehmen greifen das Gesetz nicht an, weil es Arbeitnehmern zu wenig Schutz, sondern weil es ihnen zu viel davon bietet. Tats�chlich k�nnte das vorgeschlagene Gesetz Arbeitnehmer sehr wohl dazu bringen, sich zu organisieren, um die Durchsetzung der Rechte zu fordern, die es bietet".

Was enth�lt dieser Gesetzentwurf, das die Unternehmen so erregt hat? Das vorgeschlagene Gesetz droht - zumindest auf dem Papier - einige der gr�bsten missbr�uchlichen Praktiken einzud�mmen, die so wirksam dazu beigetragen haben, dass die chinesischen Arbeitnehmer in Armut verharren - d.h. genau die Praktiken, die als Magnet f�r ein beispielloses Volumen an ausl�ndischen Direktinvestitionen gewirkt haben. Nach dem neuen Gesetz w�rde davon ausgegangen, dass die Millionen chinesischer Arbeitnehmer, die gegenw�rtig ohne jeglichen Besch�ftigungsvertrag t�tig sind, einen solchen Vertrag und deshalb Anspruch auf die damit verbundenen Rechte haben. Die praktisch unbegrenzten Probezeiten, die dazu dienten, das prek�re Besch�ftigungsverh�ltnis der Arbeitnehmer zu einem Dauerzustand zu machen, w�rden durch einen einheitlichen Zeitraum von h�chstens sechs Monaten ersetzt. Arbeitnehmer h�tten nicht mehr zur Strafe "Ausbildungskosten" zu zahlen, wenn sie ihren Arbeitsplatz wechseln; f�r Arbeitnehmer, deren befristete Vertr�ge nicht verl�ngert werden, g�be es eine Abfindung (was die Amerikanische Handelskammer f�r "h�chst unvern�nftig" hielt); �ber Leiharbeitsagenturen eingestellte Zeitarbeitnehmer erhielten nach einem Jahr den Status von Dauerbesch�ftigten, und Entlassungen erfolgten nach der Dauer der Betriebszugeh�rigkeit (was die Amerikanische Handelskammer als "diskriminierend" [sic] kritisierte). Und in dem Gesetzentwurf hei�t es ferner, dass �ber innerbetriebliche Praktiken, darunter Arbeitsschutz, Freisetzungen und Entlassungen, mit einer Gewerkschaft oder einem "Arbeitnehmervertreter" verhandelt werden sollte.

Kurz, der Gesetzentwurf w�rde eine bescheidenes Paket von Mindest-Besch�ftigungsnormen bieten. Gewerkschafter sind seit langem skeptisch in Bezug auf Formulierungen wie "Arbeitnehmervertretung", die den Weg f�r arbeitgeberbeherrschte Gewerkschaften bahnen k�nnen. Und w�hrend es in China keine unabh�ngigen Gewerkschaften gibt, hat die M�glichkeit, dass Investoren auch nur einen Bruchteil ihres Rechtes einb��en k�nnten, die Arbeitspl�tze nach Gutd�nken zu beherrschen, diese Investoren wirklich in Rage gebracht.

Zwar sind Rechte am Arbeitsplatz nur so stark wie die Gewerkschaften, die sie durchsetzen, doch kann allein die gesetzm��ige Verankerung solcher grundlegenden Besch�ftigungsnormen wie des Rechts auf einen Vertrag oder eine Abfindung den Arbeitnehmern Chinas ein wichtiges Instrument in die Hand geben, mit dessen Hilfe sie sich organisieren k�nnen, um diese Rechte einzufordern. Die beispiellose Welle der Arbeitnehmerproteste in China, wo Massenstreiks und Demonstrationen w�chentlich und nahezu t�glich stattfinden, beweist das wachsende Selbstvertrauen und die Organisierungsf�higkeiten der chinesischen Arbeiterklasse. Vor diesem Hintergrund ist die Lobbyarbeit des transnationalen Kapitals zu sehen, mit der es hartn�ckig versucht, das neue Gesetz zu torpedieren.

F�r Gewerkschaften in aller Welt ist es von h�chstem Interesse, diese Offensive der Konzerne zunichte zu machen. Auf die Lobbykampagne hinzuweisen, war hierbei ein erster wichtiger Schritt. US-amerikanische Gewerkschaften haben Alarm geschlagen, und eine Gruppe von Kongressabgeordneten hat Pr�sident Bush aufgefordert, die Bem�hungen amerikanischer Konzern- und Regierungsvertreter, die das Gesetz abschw�chen oder aushebeln wollen, �ffentlich zu verurteilen und sich offiziell f�r st�rkere rechtliche Mindestnormen f�r chinesische Arbeitnehmer einzusetzen.

Auch Gewerkschaften in Europa sollten die Lobbyt�tigkeiten transnationaler Konzerne aus der EU in der �ffentlichkeit bekanntmachen und politische Aktionen auf Landes- und EU-Ebene fordern. Politiker - vor allem die Handels- und Industrieminister - sollten �ffentlich gefragt werden, wie sie diese schmutzige Lobbyarbeit f�r den Fortbestand von Ausbeuterbetrieben mit ihren ideologischen Behauptungen einer zivilisierenden Wirkung liberalisierter Handels- und Investmentstr�me in Einklang bringen k�nnen. Im Anschluss an die Kongressinitiative in den USA k�nnen europ�ische Gewerkschaften fordern, dass ihre Landesregierungen und die Europ�ische Kommission die Bem�hungen der Konzerne, das geplante Gesetz zu verw�ssern oder zu torpedieren, nachdr�cklich verurteilen. Gewerkschaften k�nnen in China pr�sente transnationale Arbeitgeber auffordern, ihre Haltung zum Entwurf des Vertragsgesetzes und ihre diesem Entwurf geltenden Aktivit�ten bekannt zu machen, und verlangen, dass die Europ�ische Handelskammer ihren Widerstand aufgibt und ihre Haltung unverz�glich �ndert.

Gewerkschaften sollten auch die M�glichkeit eines Vorgehens bei der OECD gegen Konzerne erw�gen, die weiterhin ihre Lobbyarbeit gegen das Gesetz betreiben. Artikel IV der OECD-Richtlinien f�r multinationale Unternehmen besagt unter anderem, dass multinationale Arbeitgeber "Besch�ftigungs- und Arbeitsbeziehungsnormen einhalten" sollten, "die nicht ung�nstiger sind, als die von vergleichbaren Arbeitgebern im Gastland einzuhaltenden Normen". Die OECD-Richtlinien verpflichten Arbeitgeber ferner zur Enthaltung von "unangemessenen Eingriffen in lokale politische T�tigkeiten". Konzerne aus der EU betreiben jetzt eine aktive Lobbyt�tigkeit bei der Regierung Chinas, damit sie diese Mindestnormen zu Fall bringt, die zum gr��ten Teil seit langem im europ�ischen Recht verankert sind, beginnend mit dem Recht auf einen Besch�ftigungsvertrag. Diesen Lobbyisten sollte auf jede m�gliche Weise Widerstand geleistet werden.

Die chinesischen Gesetzgebungsverfahren sind im besten Fall undurchsichtig, doch das Arbeitsvertragsgesetz k�nnte im M�rz 2007 in Kraft treten. Deshalb ist jetzt der Zeitpunkt zum Handeln gekommen.