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IUL
Vereinigt Lebensmittel-, Landwirtschafts- und HotelarbeitnehmerInnen weltweit



Gegen die Unterdrückung bei der Palmölproduktion: die Gewerkschaftsagenda

An die IUL Web-Site geschickt am 15-Jun-2006

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Der extensive Ölpalmenanbau und die Gewinnung des Palmöls für den Export waren seit eh und je mit Repression verbunden. Der Plantagenanbau erfolgte ursprünglich durch die Kolonialherren. Die rasche Ausweitung der Plantagen in Asien nach dem zweiten Weltkrieb wurde im Zusammenhang mit der Rodung der Wälder gefördert, durch die malaysische Insurgenten bekämpft werden sollten.

Die Ausweitung des Anbaus war aber nicht mit einer Erweiterung der Rechte für Palmölarbeiter verbunden. Die Arbeit ist nach wie vor hart und gefährlich. Die Prdouktionsverfahren haben sich in den letzten 150 Jahren kaum geändert. Auf einigen Plantagen ist der für das Abschlagen der Früchte verwendete Holzhaken durch einen noch schärferen Metallhaken ersetzt worden. Und Riesenmengen toxischer Herbizide werden heute von ungeschützten Arbeitnehmern aus löchrigen Kanistern verspritzt, die sie auf dem Rücken tragen. Unfälle sind häufig, die Lebenserwartung ist niedrig. Gewerkschaften werden häufig brutal unterdrückt.

Um eine neugegründete Gewerkschaft zu zerschlagen, entließ Musim Mas - das weltgrößte Palmölraffinerieunternehmen mit Sitz in Sumatra, Indonesien - im vorigen Jahr als Vergeltung für einen Streik auf einen Streich mehr als 1 000 Gewerkschaftsmitglieder. Das Unternehmen vertrieb die Arbeitnehmer aus ihren Unterkünften und ihre Kinder aus der Schule und manipulierte die Verhaftung und gerichtliche Verfolgung von sechs Gewerkschaftsführern. Diese sechs jungen Männer verbüßen zur Zeit Gefängnisstrafen von 14 Monaten bis zu zwei Jahren wegen des "Verbrechens", den Versuch unternommen zu haben, ihre kollektiven Rechte als Arbeitnehmer auszuüben.

Die IUL hatte weltweite Gewerkschaftsunterstützung für eine große Gruppe dieser Arbeitnehmer organisiert, die den Bemühungen des Unternehmens widerstanden, sie mit einer Entschädigung für ihre Entlassung zur Aufgabe ihrer Rechte zu bewegen. Diese Phase des Kampfes endete jetzt mit der Mitteilung der Gewerkschaft, dass sich etwa 200 Arbeitnehmer am 7. Juni bereiterklärt hätten, eine finanzielle Entschädigung für den Verlust ihrer Arbeitsplätze zu akzeptieren. Dafür wurden sie gezwungen, alle rechtlichen Forderungen gegen das Unternehmen zurückzuziehen, was bedeutet, dass gegen die Massenentlassungen nicht auf gerichtlichem Wege vorgegangen werden kann. Die Entschädigung beläuft sich auf 123 Dollar je Arbeitnehmer - den Gegenwert von sechs Wochenlöhnen. Die sechs Inhaftierten wurden ferner gezwungen, auf ihr Einspruchsrecht gegen ihre grotesken strafrechtlichen Verurteilungen zu verzichen, die von Amnesty International und anderen Menschenrechtsorganisationen als Kriminalisierung gewerkschaftlicher Tätigkeiten angeprangert worden sind. Hunger ist eben eine mächtige Waffe in den Händen eines rücksichtslosen Konzerns.

Das Unternehmen pries die "Vereinbarung" mit der Erklärung: "Diese Angelegenheit wurde in Übereinstimmung mit den indonesischen Arbeitsgesetzen und unter Einhaltung aller in Indonesien geltenden Vorschriften geklärt. Wir treten dafür ein, dass sich unsere Partner in Indonesien und im Ausland zur Förderung einer nachhaltigen Palmölindustrie verpflichten".

Die Regierung, gegen die eine Klage bei der IAO der Vereinten Nationen wegen wiederholter Verletzungen internationaler Übereinkommen über Gewerkschaftsrechte läuft, lobte ebenfalls eine Vereinbarung, die "zu positiveren Arbeitsbeziehungen in der Palmölindustrie beitragen wird".

All dies zeigt uns die Lage in Indonesien auf einen Blick. 1 000 Arbeitnehmer wurden entlassen und aus ihren Unterkünften vertrieben, eine Gewerkschaft wurde zerschlagen und sechs Gewerkschaftsführer wurden inhaftiert, doch die innerstaatlichen Gesetze wurden eingehalten, indem 123 Dollar gezahlt und die sechs Inhaftierten zu einem "Friedensabkommen" gezwungen wurden, mit dem sie auf ihre Rechte verzichteten.

IUL-Mitgliedsverbände in aller Welt haben auf unsere Aufrufe mit Botschaften an das Unternehmen und die Regierung sowie mit großzügiger finanzieller Unterstützung reagiert (die jetzt den Famlien der inhaftierten Gewerkschafter zukommen wird). Dass unsere Kampagne zu wirken begann, beweist die erstmals bekundete Bereitschaft des Unternehmens, mit einer Organisation zusammenzutreffen, die es zuvor nicht anerkennen, sondern vielmehr vernichten wollte. In mehreren großen Unternehmen haben Gewerkschaften im Sektor Nahrungsmittelverarbeitung die jeweiligen Unternehmensleitungen aufgefordert, die Bezugsquellen ihres Palmöls und insbesondere ihre Beziehungen zu Musim Mas zu überprüfen. In einem Fall bewirkte die Intervention der IUL, dass ein transnationales Einzelhandelsunternehmen vorübergehend keine Erzeugnisse von Musim Mas für seine eigenen Markenprodukte verwendete. Der FNV in den Niederlanden forderte die Regierung auf, ihre finanzielle Unterstützung für den Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO) einzustellen, das sozialverantwortliche "Mehrparteien"- Medium der Branche für seine Öffentlichkeitsarbeit, dem Musim Mas neben WWF und Oxfam als Vorstandsmitglied angehört. Die öffentliche Überprüfung der sozialen Verhältnisse, unter denen Palmöl produziert wird, dauert jedoch an und wird nicht ohne weiteres abzuwürgen sein.

Die Kampagne zeigte Wirkung, und die dabei gewonnnen Lehren werden nicht in Vergessenheit geraten, denn Palmöl bleibt ein expandierender Sektor, dessen Fundament die brutale Ausbeutung ist. Musim Mas mit seiner Entschlossenheit, beim Streben nach Gewinnen Rechte zu missachten, dürfte unter den Palmölproduzenten kaum allein stehen. Seitdem Palmöl als Biokraftstoff genutzt wird, ist sein Preis an die steigenden Kosten fossiler Brennstoffe gekoppelt, was die Gewinnsucht nur verschärft. Es wird als Alternative zu Bananen in Lateinamerika sowie als gesunde Alternative (was es nicht ist) zu Transfetten in Nahrungsmittelprodukten gefördert. Die Anbaufläche wächst ungezügelt, was eine Bedrohung für die Umwelt und die Arbeitnehmer bedeutet.

Die IUL befindet sich nun nicht mehr in einem Arbeitskonflikt mit Musim Mas. Dagegen bleibt ein viel größeres Problem mit dem Unternehmen und mit der Rechtlosigkeit und Barbarei des Sektors insgesamt. Die Weltbank verstärkt über die IFC, ihren Kreditgeber für den Privatsektor, die Unterstützung für die Erweiterung des Anbaus. Der RSPO bietet ihr aufgrund seiner privilegierten Beziehung einen Deckmantel der "Nachhaltigkeit" für die Finanzierung der Art von sozialer Zerstörung, die Musim Mas jenen zugefügt hat, die seine Gewinne erzeugen.

Gewerkschaften in der Nahrungsmittelverarbeitungsbranche sollten auch weiterhin fragen, woher ihre Unternehmen Palmöl und andere mit Hilfe unannehmbarer Praktiken gewonnene Produkte beziehen. Wer für Gerechtigkeit für Palmölarbeitnehmer eintritt, sollte genauer hinsehen, wie Nicht-Regierungsorganisationen - auch unbewusst - Gefahr laufen, als Aushängeschild für Unternehmen wie Musim Mas zu dienen. WWF und Oxfam müssen als Vorstandsmitglieder des RSPO genau hinsehen, wie sich ihre Positionen zu den Rechten der Palmölarbeitnehmer verhalten. Die holländischen Gewerkschaften haben recht: Eine Unterstützung der Regierung für den RSPO und die Palmölaktivitäten der Nicht-Regierungsorganisationen, die die dringend erforderlichen Lösungen in immer weitere Ferne rücken, ist ein Skandal, dem ein Ende gemacht werden muss. Der RSPO sollte auch die Rolle von Syngenta am Runden Tisch erläutern. Syngenta stellt Paraquat, das giftigste Herbizid auf dem Planeten, her. Paraquat verursacht in jedem Jahr den Tod zehntausender Landarbeiter und wird auf Palmölplantagen ungezügelt eingesetzt. Die Musim Mas Gewerkschaft bemühte sich um eine sicherere Anwendung giftiger Chemikalien und wurde zerschlagen. Das Unternehmen, dessen Produkt Palmölarbeitnehmer tötet, hat nunmehr die Mitgliedschaft im RSPO mit vollen Stimmrechten beantragt.

Mit Öffentlichkeitsarbeit wird nicht die Nachhaltigkeit einer Branche bewirkt, deren Fundament die Unterdrückung von Menschenrechten ist. Die einzige Lösung sind gewerkschaftliche Organisation sowie verbindliche, durchsetzbare Urkunden, die die Einhaltung von Rechten gewährleisten. Brutalität und die Verweigerung von Rechten sind Stützpfeiler der Palmölkette. Deshalb steht außer Frage, dass sich die Palmölarbeiter organisieren müssen. Die IUL wird sich dafür einsetzen, dass ihnen dies gelingt.