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IUL
Vereinigt Lebensmittel-, Landwirtschafts- und HotelarbeitnehmerInnen weltweit



Finanzkriminalität und Konzernvandalismus bedrohen die Arbeitsplätze Tausender Parmalat-Arbeitnehmer

An die IUL Web-Site geschickt am 02-Jan-2004

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Im letzten Jahrzehnt hat sich Parmalat von einem kleinen Familienmolkereibetrieb in Norditalien zu einem globalen Agroindustrie-Giganten entwickelt, der 36 400 Arbeitnehmer in 30 Ländern beschäftigt. Durch hektische Übernahmen in aller Welt expandierten die Molkerei-, Fruchtsaft- und Backwarensparten von Parmalat von Australien über die USA und Kanada bis nach Argentinien und Brasilien, während sich der Konzern gleichzeitig zum größten Molkereiunternehmen in Italien entwickelte.

Die Expansion erfolgte jedoch ohne neue Investitionen in die erworbenen Unternehmen, sondern vielmehr durch Konzentrationen und Rationalisierungen, was Betriebsschließungen und Arbeitsplatzverluste bedeutete. Vor allem außerhalb Europas hatte die Übernahme durch Parmalat meistens eine Verschlechterung der Arbeitsbeziehungen zur Folge. Dort wo Gewerkschaften versuchten, Mitglieder in Parmalat-Betrieben zu gewinnen, stießen sie häufig auf feindselige Ablehnung und gewaltsame Versuche, ihre Organisierungsbemühungen zu verhindern.

Nunmehr ist bekannt geworden, dass diese Übernahmen mit nicht existierenden Geldern finanziert wurden, die angeblich auf ausländischen Bankkonten lagen, bei deren Inhabern es sich um zwielichtige Holdinggesellschaften handelte. Die seit jeher unzulänglichen italienischen Normen für die Rechnungslegung und Kontrolle der Konzerne sind in den letzten Jahren durch korrupte Gesetze weiter verwässert worden, mit denen die fragwürdigen Finanzmanipulationen des vom italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi errichteten Medienimperiums geschützt werden sollten.

Parmalat hat seine Zahlungsunfähigkeit erklärt, und der ehemalige Konzernchef Callisto Tanzi befindet sich in Haft und wird vernommen. Ein neues Gesetz bietet dem Konzern Gläubigerschutz für die Dauer von 120 Tagen, um einen Reorganisationsplan auszuarbeiten. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass nahezu alle im Zuge der globalen Kaufexpedition erworbenen Unternehmen schließlich verkauft oder liquidiert werden, womit die Arbeitsplätze, Arbeitsbedingungen und Gewerkschaftsrechte der Arbeitnehmer des Konzerns bedroht sind.

IUL-Generalsekretär Ron Oswald betonte in einer Stellungnahme zu der gegenwärtigen Unsicherheit mit allem Nachdruck: "Der Schutz der Arbeitsplätze und des Lebensunterhalts der Arbeitnehmer muss gegenüber allen anderen Interessen absoluten Vorrang haben. Arbeitnehmer dürfen nicht wieder die Opfer grober Managementfehler und möglicher krimineller Handlungen derjenigen werden, die mit der Führung des Konzerns beauftragt waren. Die IUL wird sich energisch für den Schutz unserer Mitglieder überall dort einsetzen, wo Parmalat gegenwärtig in der Welt tätig ist. Die Rechte und die Interessen der Arbeitnehmer müssen bei allen finanziellen Regelungen oder Übernahmen, die diesem neuen schändlichen Fall von Konzernvandalismus folgen werden, im Vordergrund stehen".

Die IUL befasst sich seit einigen Jahren mit dem Stand der Arbeitsbeziehungen bei Parmalat, insbesondere seit der Konzern seine Expansion über Italien hinaus ausdehnte. IUL-Mitgliedsverbände, die Parmalat-Arbeitnehmer in acht Ländern auf vier Kontinenten vertraten, trafen vom 27.-28. September 2003 im Schulungszentrum der CAW in Port Elgin in der Provinz Ontaria, Kanada, zusammen, um Strategien zu erörtern und eine gemeinsame Position innerhalb von Parmalat zu erarbeiten.

Die Teilnehmer waren sich darüber einig, dass die Arbeitsbeziehungen in dem Konzern ein globales Problem darstellten, das eine globale Reaktion auf der Grundlage der kollektiven Stärke und Solidarität der Gewerkschaften erfordere. Es wurde ein Strategie- und Aktionsprogramm angenommen, das Empfehlungen für die künftige Arbeit sowie die Verpflichtung der Mitgliedsverbände zur aktiven Unterstützung der IUL bei ihren Bemühungen umfasst, bei Parmalat die Einhaltung von Mindestnormen für die Rechte und die Anerkennung von Gewerkschaften zu erreichen.

Die aktuelle Krise bei Parmalat verleiht diesem Programm höchste Dringlichkeit, indem die Verteidigung der Arbeitsplätze, der Arbeitsbedingungen und der elementaren Gewerkschaftsrechte aller betroffenen Arbeitnehmer zu einer Aufgabe von höchster Priorität für die IUL und ihre Mitgliedsverbände geworden ist. Dies gilt in jedem Fall, unabhängig davon, ob einzelne Bereiche an andere Unternehmen verkauft werden oder bei einem neu gegliederten Parmalatunternehmen oder einer Nachfolgegesellschaft verbleiben.