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IUL
Vereinigt Lebensmittel-, Landwirtschafts- und HotelarbeitnehmerInnen weltweit


Der weltweit größte Brauer InBev hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack von Lügen und Entlassungen

An die IUL Web-Site geschickt am 17-Mar-2006

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Wenn Sie ein Bier trinken, spielt es keine Rolle, wo in der Welt sie sich befinden, denn aller Wahrscheinlichkeit nach sind Sie in diesem Augenblick ein Kunde von InBev. Stella Artois, Brahma, Beck´s, Bass, Leffe, Labatt und Hoegaarden sind nur einige der mehr als 200 Biermarken dieses Riesenbrauers, der 2004 aus der Fusion der belgischen Interbrew und der brasilianischen AmBev entstanden ist. Denkt man an das Motto des Konzerns - "der größte Lokalbrauer der Welt" - könnte man meinen, dass hinter den preisgekrönten Biernamen Jahrhunderte traditioneller Braukunst, die Achtung der Leistung erfahrener Braumeister und die Verpflichtung zur Wahrung des Erbes lokaler Gemeinwesen stehen. Doch der Schein trügt. Die Konzernstrategie von InBev beruht darauf, Prämiummarken aufzukaufen, die Produktion an den ursprünglichen Braustätten zu reorganisieren und diese Braustätten sodann zu industriellen Brauereikomplexen zu konsolidieren, um die Kosten zu senken. Kostensenkungen sind der Motor auf dem Weg des Konzerns vom größten zum rentabelsten Brauereiunternehmen der Welt. Auf diesem Weg hat er Rechte mit Füßen getreten, Leben zerstört und Zusagen gebrochen.

Für Brauereiarbeitnehmer bedeutet die Konzern"kultur" von InBev keinerlei Überraschung. Seine Position hat der Konzern durch einen Fusionsprozess aufgebaut, bei dem Tausende brasilianischer Arbeitnehmer arbeitslos und ohne Sozialplan auf der Strecke blieben. Nunmehr trifft das rücksichtslose Gewinnstreben von InBev auch Westeuropa und lässt eine hässliche Spur von vernichteten Existenzen, Entlassungen und gebrochenen Zusagen an Arbeitnehmer zurück.

`Goldene Händedrucke´ und gebrochene Zusagen

Als die Kostensenkungswalze im Jahr 2002 Boddingtons erreichte, verpflichtete sich Stewart Gilliland, der Konzernchef für das Vereinigte Königreich, gegenüber dem IUL-Mitgliedsverband T&G, Boddingtons in Manchester zu belassen. Drei Jahre später jedoch wurde die Produktion in die Brauerei Preston in Südwales verlagert und die historische Brauerei in Manchester geschlossen.

Nunmehr sind Brauereien in Belgien an der Reihe, der Heimat der InBev-Vorgängerin Interbrew, wo der Konzern beschlossen hat, der Brautradition von Hoegaarden und Kriek Belle-Vue ein Ende zu machen. Kurz nachdem rund 3 000 Bürger und Politiker gemeinsam mit InBev-Arbeitnehmern gegen die Schließung demonstriert hatten, teilte die InBev-Konzernleitung die Namen der infolge von Umstrukturierungsmaßnahmen zur Freisetzung bestimmten Arbeitnehmer mit, obwohl sie den belgischen Gewerkschaften zugesagt hatte, es werde solange keine Entlassungen geben, wie über einen Sozialplan verhandelt werde. Die Produktion soll in die Brauerei Jupille verlagert werden. Ebenso wie Boddingtons verzeichnen auch die beiden belgischen Biermarken außerordentlich positive Absatzzahlen. Die Entscheidung, mehrere berühmte Biermarken über eine kleinere Zahl industrieller Brauereien statt über traditionelle Brauhäuser zu vertreiben, wird in Belgien 232 Arbeitsplätze vernichten. Die Aktionäre aber sind glücklich: Am 24. Februar verkündete InBev einen Gewinnanstieg um 15,3% auf 3,3 Milliarden Euro, womit die Markterwartungen übertroffen wurden. Gleichzeitig wurde angekündigt, dass in Belgien, Deutschland, Luxemburg, Ungarn und der Tschechischen Republik 360 Arbeitsplätze aufgehoben würden und weitere Stellenstreichungen folgen könnten. Während einerseits die Kosten zu Lasten der Beschäftigung und der Brautradition gesenkt werden, hat der Konzern soeben den ausscheidenden Spitzenmanagern John Brock, Stewart Gilliland und Patrice Thys 31 Millionen Euro gezahlt. InBev weigert sich jedoch, die Arbeitnehmer über seine langfristigen Pläne zu informieren, und lehnt Verhandlungen mit den Gewerkschaften über einen europäischen Sozialrahmen für die angekündigten Umstrukturierungen ab.

Während also InBev die traditionellen Brauereien, auf denen das Vermögen des Unternehmens beruht, einmottet, bleibt es dem bisherigen Muster gebrochener Zusagen und Versprechungen treu.

Die Affäre Montenegro

Nur wenige Jahre, nachdem Interbrew 1997 die Brauerei "Trebjesa" AD in Niksic (Montenegro) erworben hatte, waren die durchschnittlichen Monatslöhne von 321 Euro auf 87 Euro gesunken und 243 der 547 Arbeitnehmer entlassen worden. Die Arbeitnehmer in diesem Brauereibetrieb hatten schon seit langem der Autonomen Gewerkschaft der "Trebjesa" AD Brauerei (SDSPT) angehört. Zunächst gelang es dieser Gewerkschaft, gegen den Angriff der Interbrew-Leitung auf die Arbeitsplätze und die Löhne Widerstand zu leisten, doch musste sie dazu zweimal zum Streik aufrufen. Mit Hilfe dieser Kampfmaßnahmen gelang es, die dramatischen Lohnkürzungen zu beschränken und schließlich eine formelle schriftliche Zusage von Interbrew zu erhalten, dass über einen Tarifvertrag verhandelt werde. Interbrew hielt jedoch die betreffende Vereinbarung nicht ein und lehnte Verhandlungen ab. Somit wurde die Gewerkschaft im Mai 2002 zu einem dritten Streik gezwungen. Interbrew reagierte mit einer Aussperrung und entließ im Zuge eines brutalen Frontalangriffs gegen die Gewerkschaft mehr als 50 Streikende, darunter auch den SDSPT-Vorsitzenden Bozidar Perovic.

Die Vereinbarung von Dubrovnik

Da der Arbeitskonflikt in Montenegro weiter schwelte und negative Schlagzeilen bewirkte, nahm Interbrew den IUL-Vorschlag an, im September 2002 in der kroatischen Stadt Dubrovnik über einen faire Beilegung des Konflikts zu verhandeln. Bei diesen Verhandlungen waren auch Delegierte der belgischen IUL-Mitgliedsverbände CCAS-CSC und FGTB-Horval anwesend, die die meisten gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer in Belgien vertraten. Interbrew stimmte zu, dem erbitterten viermonatigen Konflikt in der Brauerei Trebjesa ein Ende zu machen und die Lohnverhandlungen wiederaufzunehmen, und versprach, dass die 303 Brauereiarbeitnehmer sämtlich wieder ihre Löhne erhalten würden. Das Unternehmen unterzeichnete eine Vereinbarung über den Schutz von Gewerkschaftsmitgliedern und Streikenden gegen jegliche Diskriminierung und Sanktion sowie über die Einstellung aller Maßnahmen und Rechtsverfahren gegen 15 Führungsmitglieder des Streikkomitees. Diese Vereinbarung wurde von den Arbeitnehmern von Trebjesa gebilligt, die daraufhin wieder an ihre Arbeit zurückkehrten. Interbrew sicherte zu, die Vereinbarung ohne Einschränkung einzuhalten.

Ein Unternehmen über dem Gesetz

Interbrew hielt diese Zusage jedoch nicht ein. Die Streikenden wurden zwar wiedereingestellt, nicht jedoch der Gewerkschaftsvorsitzende Perovic. 2003 und 2004 wurde Interbrew zweimal von montenegrinischen Gerichten für schuldig befunden, die die Entlassung von Perovic für unzulässig erklärten und seine unverzügliche Wiedereinstellung unter Nachzahlung seines Lohnes anordneten. Doch Gewerkschaftsrechte und montenegrinische Gesetze werden von einem Unternehmen, das zu den wichtigsten ausländischen Investoren im Land gehört und deshalb glaubt, es könne sich die einzuhaltende Gesetze selbst aussuchen, nicht ernst genommen. Die Folge war, dass bei Interbrew Trebjesa kein Arbeitsplatz für den Gewerkschaftsvorsitzenden Perovic gefunden wurde, der in der Zwischenzeit wiedergewählt und in seinem Gewerkschaftsamt bestätigt worden und technisch gesehen immer noch Arbeitnehmer von Interbrew war. Obwohl regelmäßig neue Arbeitnehmer in dem Betrieb eingestellt wurden, behauptete die lokale Betriebsleitung weiter, dass die frühere Position von Perovic aufgehoben worden sei und dass seine Fähigkeiten ihn nicht für einen anderen Posten qualifizierten.

Perovic verfügt über 34 Jahre Erfahrung bei Interbrew und wurde zweimal als "bester Arbeitnehmer des Jahres" ausgezeichnet. Im April 2005 wurde er in Zwangsurlaub geschickt. Die inoffizielle Version der lokalen Betriebsleitung lautete, die InBev-Konzernzentrale würde seine Wiedereinstellung nicht erlauben, und somit gäbe es keine Möglichkeit für ihn, wieder in der Brauerei zu arbeiten. Am 6. Juni 2005 erschien Perovic zur Arbeit, wurde jedoch wieder nach Hause geschickt. Bis November 2005 freigestellt, wurde er erneut entlassen - ein außerordentliches Vorgehen der Betriebsleitung, da diese nie zugegeben hatte, dass er jemals wiedereingestellt worden sei! Interbrew ignorierte einfach die Entscheidungen des montenegrinischen Arbeitsgerichts.

Die Realität hinter der `Vortrefflichkeit des Humanressourcenmanagements" von InBev

Interbrew hat aber nicht nur international anerkannte Arbeitsnormen, sondern auch die mit der IUL und den beiden belgischen Gewerkschaften getroffene Vereinbarung verletzt. Die IUL forderte daraufhin eine Erklärung. InBev entsandte den Humanressourcenmanager Marc Croonen, der Ende 2005 in Brüssel mit dem IUL-Generalsekretär Ron Oswald zusammentraf. Dabei berief sich Croonen immer wieder auf die "Vortrefflichkeit des Humanressourcenmanagements" von InBev und gab seine persönliche Zusage, eine Erklärung in Bezug auf das Recht von Perovic zu liefern, sein Gehalt für die Zeit, während der er unrechtmäßig von seinem Arbeitsplatz ferngehalten worden war, und eine angemessene Entschädigung für seine schändliche Behandlung durch das Unternehmen zu erhalten.

Die von Croonen versprochene Erklärung kam nie. InBev teilte den belgischen Gewerkschaften mit, dass Perovic eine Entschädigung erhalten werde, und beließ es dabei. Das Beschäftigungsverhältnis von Perovic wurde im Januar 2006 erneut beendet, und die einzige Entschädigung, die man ihm anbot, belief sich auf 19 185 Euro, die er nicht als angemessen und gerecht akzeptieren kann. Dies war die Summe, die InBev, das größte Brauereiunternehmen der Welt, mit einem Jahresertrag 2005 von insgesamt 11,656 Milliarden Euro, zu zahlen bereit war, um einen Gewerkschaftsvorsitzenden loszuwerden.

Der Kampf von Perovic ist noch nicht zu Ende. Er und seine Familie leben von der internationalen Solidarität, die die IUL und einige Mitgliedsverbände organisiert haben. Er ist nach wie vor der gewählte Vorsitzende der Gewerkschaft in der InBev-Brauerei "Trebjesa". Neue Gewerkschaftswahlen werden im Frühjahr 2006 stattfinden, und das Unternehmen übt Druck auf die Arbeitnehmer aus, ihn nicht wiederzuwählen. Falls Perovic nicht wiedergewählt wird, hat InBev damit bewiesen, dass es internationales und montenegrinisches Arbeitsrecht ungestraft missachten kann.

Im InBev-Bericht 2004 über das soziale Engagement des Unternehmens (`corporate citizenship´) heißt es: "InBev achtet die unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen, die für seine Tätigkeit gelten und die die Rechte der Arbeitnehmer auf Beitritt zu Organisationen wie Gewerkschaften betreffen. Wir respektieren Vereinigungfreiheit und Tarifvereinbarungen". Für diejenigen, die das Bier herstellen, haben InBev-Marken nie so bitter geschmeckt.

Handelt jetzt! Was ihr tun könnt

Die Arbeitnehmer haben genug von den Entlassungen, den Verletzungen der Gewerkschaftsrechte, der Missachtung getroffener Vereinbarungen und den Schließungen historischer Braustätten durch InBev.

  • Sendet eine Botschaft an die InBev-Konzernleitung und fordert das Unternehmen auf,

    * die Vereinbarung von Dubrovnik aus dem Jahr 2002 umzusetzen, die Gewerkschaftsmitgliedern und Streikenden bei Trebjesa Schutz gegen Einschüchterungen und Vergeltungsmaßnahmen der lokalen Betriebsleitung garantiert
    * die Vereinbarung einzuhalten, den montenegrinischen Brauereigewerkschaftsvorsitzenden Bozidar Perovic wiedereinzustellen und ihm eine vollständige, gerechte und angemessene Entschädigung zu leisten
    * seriöse Verhandlungen mit Gewerkschaften der Brauereien Hoegaarden und Bellevue über die Erhaltung der Arbeitsplätze, der Vielfalt der Brauereierzeugnisse und des lokalen kulturellen Erbes aufzunehmen
    * Gewerkschaften klare, konkrete Informationen über die langfristigen Pläne des Unternehmens in Europa zu liefern und Verhandlungen über eine gesamteuropäische Vereinbarung über die Umstrukturierung der europäischen Betriebsbereiche aufzunehmen.


    Eine Kopie eurer Botschaft geht an die IUL.
  • Wir danken euch im Voraus für eure Unterstützung