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IUL
Vereinigt Lebensmittel-, Landwirtschafts- und HotelarbeitnehmerInnen weltweit


Lasst die Sechs von Musim Mas frei! - Aufruf zur globalen Solidarit�t

An die IUL Web-Site geschickt am 20-Feb-2006

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Die f�nf Gewerkschafter, die im Zusammenhang mit einem Streik und einer Demonstration bei der Palm�lplantage und -raffinerie PT Musim Mas in Pelalawan im vorigen Jahr vor dem Staatsgerichtshof Bangkinang (Provinz Riau, Sumatra, Indonesien) standen, wurden am Freitag, dem 3. Februar von diesem Gericht f�r schuldig befunden und verurteilt. Der Vorsitzende der SP KAHUTINDO PT Musim Mas Gewerkschaft Robin Kimbi und der KAHUTINDO-Regionalsekret�r der Provinz Riau Masry Sebayang wurden zu zwei Jahren Gef�ngnis verurteilt. Die Gewerkschaftsf�hrer Suyahman, Safrudin und Akhen Pane erhielten jeweils ein Jahr und zwei Monate. Sruhas Towo, der sechste Gewerkschaftsf�hrer, ist etwas sp�ter wegen des Streiks und der Demonstration verhaftet worden und wegen der gleichen Anklagepunkte am 17.M�rz zu 14 Monaten Gef�ngnis verurteilt worden.

Die strafrechtliche Verurteilung der sechs Gewerkschaftsf�hrer ist der bisherige H�hepunkt einer Reihe zunehmend brutaler Verletzungen grundlegender Rechte durch PT Musim Mas (zur vollst�ndigen Vorgeschichte hier klicken). Ungeachtet der Tatsache, dass KAHUTINDO PT Musim Mas, eine rechtm��ig eingetragene Gewerkschaft, 1 183 der insgesamt 2 000 Arbeitnehmer des Unternehmens vertritt, weigerte sich das Unternehmen systematisch, die Gewerkschaft anzuerkennen oder mit ihr �ber die Einhaltung der nach indonesischem Recht vorgeschriebenen rechtlichen Mindestnormen f�r Plantagenarbeitnehmer zu verhandeln. Es reagierte vielmehr, indem es Gewerkschaftsbeauftragte und danach auf einen Streich 701 Gewerkschaftsmitglieder entlie�, die Verl�ngerung der Vertr�ge weiterer 300 gewerkschaftlich organisierter Vertragsarbeitnehmer verweigerte, 700 Arbeitnehmer und ihre Familien aus ihren Unterk�nften auf der Plantage mit Gewalt vertrieb und ihre Kinder von der Schule wies. Um die Gewerkschaft zu vernichten, organisierte das Unternehmen schlie�lich die Verhaftung und Verurteilung der leitenden Gewerkschaftsfunktion�re, die in Anwesenheit eines Managers des Unternehmens verhaftet wurden, nachdem sie von der lokalen Polizeibeh�rde unter dem Vorwand, Verhandlungen einleiten zu wollen, aufgefordert worden waren, in das B�ro der Raffinerie zu kommen.

Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass sechs Gewerkschaftsf�hrer "und 1 000 weitere Arbeitnehmer" das Tor niederrissen, wodurch zwei Personen leichtere Verletzungen erlitten. An keiner Stelle seines Pl�doyers erhob der Staatsanwalt den Vorwurf, dass die Handlungen der f�nf Gewerkschaftsf�hrer, und nur diese, dazu f�hrten, dass das Tor aus den Angeln gehoben und umgekippt wurde. Statt alle 1 000 Arbeitnehmer wegen ihres Vorgehens beim Umst�rzen des Zauns zu verhaften und anzuklagen, machten die Polizei und der Staatsanwalt die sechs Gewerkschaftsf�hrer individuell verantwortlich. Sie wurden wegen ihrer gewerkschaftlichen T�tigkeit und ihrer Rolle als Gewerkschaftsf�hrer angeklagt und verurteilt. Die Sechs von Musim Mas sind Opfer ihres Gewissens.

Im Rahmen einer globalen Kampagne werden dringend massenhaft Protestbotschaften ben�tigt.

Um eine Botschaft an die Regierung Indonesiens zu senden und die unverz�gliche und bedingungslose Freilassung der Sechs von Musim Mas zu fordern, hier klicken.

Kopien eurer Botschaft gehen automatisch an die Gewerkschaft, das Unternehmen und den Runden Tisch f�r nachhaltiges Palm�l (RSPO), dem Musim Mas als wichtiges Mitglied angeh�rt.

Die Palm�l-Kette

Palm�l ist ein pflanzliches Speise�l, das aus den Fr�chten der tropischen �lpalme gewonnen wird, die in einem schmalen Band zu beiden Seiten des �quators w�chst. Die hohen Speise�lertr�ge je Hektar �lpalmen haben zu einer raschen Ausweitung der Anbaufl�che in Indonesien gef�hrt. Indonesien und Malaysia sind die beiden L�nder, die die weltweite Produktion dominieren.

Raffiniertes Palm�l wird nicht nur sehr h�ufig in der K�che verwendet, sondern fast immer auch zur Herstellung von Fertiggerichten, Seifen/Waschmitteln und Kosmetika. Auch bei der Herstellung von Metallen, Kunststoffen, Gummi, Textilien, Farben, Papier und elektronischen Bauteilen findet es verbreitete Verwendung. Rohes Palm�l wird raffiniert, gebleicht und geruchsfrei gemacht, um unter anderem die industriellen Frittier�le zu produzieren, ohne welche die Snackfoodbranche nicht �berleben k�nnte und die zu den �blichen Bestandteilen von Margarine, Backfett, Schokolade, Pralinen, Speiseeis und Kondensmilch sowie Seifen und Waschmitteln geh�ren. Dieses �l kann sodann weiter zu Palmolein und Palmstearin und den besonderen oleochemischen Stoffen verarbeitet werden, die in der gesamten Kette der Lebensmittelverarbeitung verwendet werden. Palm�lerzeugnisse sind �bliche Bestandteile von Mischfutter und finden heute auch Verwendung in Biotreibstoffen. Es d�rfte kaum m�glich sein, ein Supermarktregal mit Waren zu finden, die kein Palm�l enthalten.

Der weltweite Verbrauch an Palm�l ist im letzten Jahrzehnt um rund 75% gestiegen und steigt weiter, so dass Palm�l heute nach Soja�l das zweith�ufigste Speise�l ist. Auf die Europ�ische Union, in der sich der Palm�lverbrauch im letzten Jahrzehnt fast verdoppelt hat, entfallen rund 13% des weltweiten Palm�lkonsums, was mit Abstand dem gr��ten Anteil aller entwickelten L�nder oder Regionen entspricht. Der gr��te Markt f�r indonesisches Palm�l sind die Niederlande, und Rotterdam ist der gr��te Liefer- und Lagerhafen. Ein gro�er Teil des in der EU verwendeten Palm�ls wird f�r den Export verarbeitet. Nordamerika d�rfte k�nftig zu einem gr��eren Abnehmer von Palm�l werden, da es dort jetzt als Alternative zu den trans-fettreichen hydrierten Pflanzen�len gef�rdert wird, die die Hersteller von Fertiggerichten auf Druck der Verbraucher zu reduzieren versuchen.

Auf Indonesien und Malaysia zusammen entfallen fast 90% der weltweiten Palm�lexporte. Von diesen beiden L�ndern hat sich Indonesien im Lauf des letzten Jahrzehnts zum dynamischeren Erzeuger entwickelt. Musim Mas allein erzeugt 20% der indonesischen Exporte an rohem und raffiniertem Palm�l (das Unternehmen ist auch Indonesiens gr��ter Erzeuger von Palm�l f�r Kochzwecke). Seine Palm�lraffinerie mit dem angeschlossenen Werk f�r oleochemische Erzeugnisse in Medan ist die gr��te der Welt und f�hrt gegenw�rtig ein ehrgeiziges Expansionsprogramm durch. Von Medan aus transportieren Tanker das �l zu einem globalen Netz von H�ndlern und Verarbeitern in Asien und Europa, die es verarbeiten und auf dem Land- und Wasserweg weiter an Unternehmen vertreiben, die ihrerseits das breite Spektrum der dieses �l enthaltenden Fertigwaren herstellen und vertreiben. Ein Teil des nach Malaysia exportierten indonesischen Palm�ls wird mit malaysischem Palm�l gemischt und als malaysisches Produkt vertrieben, wodurch die Lieferkette verschleiert wird. Die meisten Unternehmen kaufen bei den gro�en Handels-/Verarbeitungsfirmen wie Cargill und ADM. Einige f�hrende europ�ische Lebensmittelunternehmen - darunter Unilever, Henkel und Migros in der Schweiz - beziehen Palm�l direkt von den indonesischen Erzeugern. Die f�hrenden Raffinerie- bzw. �lverpackungsunternehmen in der EU sind ADM, Bunge, Cargill und Unilever.

Zu den bedeutenden globalen K�ufern und Verarbeitern von Palm�l geh�ren Aarhus United (Vereinigtes K�nigreich, ein Tochterunternehmen von Aarhus D�nemark), BIOX (Niederlande), Cadbury Schweppes (Vereinigtes K�nigreich), Cargill BV (Niederlande, ein Unternehmen der Cargill-Gruppe), Cloetta Fazer (Schweden), CSM (Niederlande), Cognis (Deutschland), Danisco (D�nemark), Ferrero (Italien), Fuji �l Gruppe (Belgien), Goodman Fielder (Australien), Karlshamns (Schweden), KOG Edible Oils BV (Niederlande, ein Unternehmen der Kuok-Gruppe), Lipdos Santiga (Spanien), Matthews Foods (Vereinigtes K�nigreich), Mitsubishi (Japan), Nutriswiss (Schweiz), Walter Rau (Deutschland), Safic-Alcan (Frankreich), Santa Maria (Schweden), Spychiger Oil Trading Ltd. (Schweiz) und Unilever (Niederlande/ Vereinigtes K�nigreich).

Alle diese Unternehmen - neben den Einzelhandelsketten Asda (Vereinigtes K�nigreich), Boots (Vereinigtes K�nigreich), The Body Shop (Vereinigtes K�nigreich), Coop (Schweiz), Co-operative Group (Vereinigtes K�nigreich) und Migros (Schweiz) - sind Mitglieder des Runden Tisches f�r nachhaltiges Palm�l (RSPO).

"F�r den Vertrieb von nachhaltigem Palm�l": der RSPO

Der Runde Tisch f�r nachhaltiges Palm�l (RSPO) wurde 2004 als eine "Organisation unterschiedlicher Partner" gegr�ndet und hat "eine F�hrungsstruktur, die die faire Vertretung aller Beteiligten innerhalb der gesamten Lieferkette gew�hrleistet". Sein Ziel ist es, "die Erzeugung und Verwendung von nachhaltigem Palm�l durch Zusammenarbeit innerhalb der Lieferkette und offenen Dialog mit seinen Partnern zu f�rdern". Die Organisation hat ihren Sitz in der Schweiz und ein Sekretariat in Kuala Lumpur, Malaysia. Pr�sident des RSPO ist Jan Kees Vis von Unilever. Neben Palm�lerzeugern und den vorgenannten Verarbeitern, H�ndlern, Herstellern und Einzelhandelsketten geh�ren dem RSPO unter anderem auch die Umweltgruppe WWF (Indonesien, Malaysia, Schweiz) sowie Oxfam im Vereinigten K�nigreich und den Niederlanden an.

Der Dritte Runde Tisch f�r nachhaltiges Palm�l hat vom 22.-23. November 2005 in Singapur getagt. RSPO-Generalsekret�r Andrew NG erkl�rte in diesem Zusammenhang: "Die �ffentliche Pr�sentation der Prinzipien & Kriterien f�r die nachhaltige Palm�lproduktion (oder P&K) und die anschlie�ende Annahme der P&K durch die RSPO-Mitglieder auf der 2. (Jahres-) Hauptversammlung bedeutet, dass die Welt nunmehr �ber ein glaubw�rdiges und praktisch nutzbares Instrumentarium zur Bemessung der Nachhaltigkeit verf�gt, mit dessen Hilfe es m�glich ist, die Forderungen der Beteiligten zu erf�llen und die Nachhaltigkeit innerhalb der Palm�lindustrie aufzuzeigen". Nicht mal einen Tag sp�ter wurde dieses "glaubw�rdige und praktisch nutzbare" Instrumentarium getestet und versagte.

Am 24. November tagte der RSPO-Vorstand. Erster Punkt auf der Tagesordnung war die Reaktion auf die "Vorw�rfe" des IBBH (jetzt BWI, des globalen Gewerkschaftsbundes der Bau-, Holz- und Forstarbeitnehmer) wegen grober Menschenrechtsverletzungen bei PT Musim Mas in Pelalawan.

Drei Vertreter von Musim Mas nahmen an der Vorstandssitzung teil. Gest�tzt auf eine l�cherliche Powerpoint-Pr�sentation, bei der die Vorgeschichte des Konflikts systematisch verf�lscht wurde und die Plantagen- und Raffineriearbeitnehmer, ihre Gewerkschaft und ihre internationalen Freunde beleidigt und l�cherlich gemacht wurden, behauptete Musim Mas sogar, dass die Lokalpolizei die Arbeitnehmerf�hrer aus eigenem Antrieb verhaftet habe, ungeachtet der Tatsache, dass die Gewerkschaftsbeauftragten zu einer angeblichen "Verhandlungsrunde" in das B�ro des Unternehmens gelockt worden waren, wo sie die Polizei bereits erwartete. (zu einer systematischen Widerlegung der Pr�sentation von Musim Mas im pdf Format und in Englisch hier klicken). Die Musim Mas Vertreter konnten den RSPO-Vorstand m�helos davon �berzeugen, dass flagrante Verletzungen der Gewerkschaftsrechte, einschlie�lich der Entlassung von Gewerkschaftsfunktion�ren, die Massenentlassung von 701 Gewerkschaftsmitgliedern, die Anwendung von Gewalt gegen Streikende und die Verhaftung von sechs Gewerkschaftsfunktion�ren - von denen jetzt f�nf zu Gef�ngnisstrafen von 14 Monaten bis zu zwei Jahren verurteilt wurden, weil sie den Versuch unternommen hatten, ihr Mandat als Gewerkschaftsvertreter auszu�ben, w�hrend der sechste noch vor Gericht steht - entweder zu belanglos seien, um eine ernste Untersuchung zu rechtfertigen, oder ohne weiteres in die Kategorie der vom Runden Tisch propagierten "sozial f�rderlichen" Methoden der Palm�lerzeugung einzureihen seien. Niemand unter den anwesenden Unternehmensvertretern oder Nicht-Regierungsorganisationen stellte die Korrektheit der Pr�sentation des Unternehmens in Frage oder bat auch nur um weitere Informationen. Auf die Frage nach den Gr�nden f�r den Streik der Arbeitnehmer erwiderte Musim Mas, die Gewerkschaftsf�hrer h�tten den Arbeitnehmern viel Geld versprochen. Der Vertreter einer indonesischen Nicht-Regierungsorganisation war der Ansicht, das Unternehmen habe "nach dem Gesetz gehandelt", obwohl er keineswegs �ber ausreichende Informationen �ber den Konflikt verf�gte. Ian MacIntosh von Aarhus United warnte vor einem "�beraktiven Engagement" und empfahl gleichzeitig "Verst�ndnis f�r alle Seiten". Die (auf der RSPO-Website dokumentierte) Diskussion erbrachte den Schluss, dass WWF dem IBBH antworten solle, beide Parteien w�rden �ber die geeigneten rechtlichen Kan�le weiter vorgehen. Daraufhin ging der Vorstand zum n�chsten Tagesordnungspunkt �ber.

Auch nach den alles andere als strengen Normen, nach denen soziale Unternehmensverantwortung ausge�bt wird, muss man feststellen, dass es dem Runden Tisch ganz betr�chtlich an Substanz fehlt. Die Musim Mas Gruppe unterbreitete am 30. September 2005 ihren zweiseitigen "j�hrlichen Fortschrittsbericht an den RSPO", worin die Frage, "ob im abgelaufenen Zw�lfmonatszeitraum irgendwelche Sozial- oder Umweltprobleme auftraten" unbeantwortet blieb. Der RSPO verlangt von seinen Mitgliedern nicht, �ber Massenentlassungen, Verfolgungen und Inhaftierungen von Arbeitnehmern zu berichten, wenn diese eine Gewerkschaft organisieren, obgleich zumindest zu erwarten gewesen w�re, dass bei solchen Praktiken ernsthaft gefragt wird, inwieweit das Unternehmen die eigenen "Prinzipien und Kriterien" des RSPO f�r nachhaltiges Palm�l einh�lt.

Die Palm�lkette lastet jetzt auf den R�cken der Plantagenarbeitnehmer, wie jener bei PT Musim Mas in Pelalawan, deren Gewerkschaftsfunktion�re jetzt im Gef�ngnis sitzen. Der RSPO ist der "verantwortungsbewusste", "nachhaltige", "sozial f�rderliche" Deckmantel f�r die Brutalit�t der Konzerne, die diese Kette pr�gt.